Unmittelbar nach dem Studium begann Hannah Arendt in Berlin mit Studien, die erst 1959 unter dem Titel „Rahel Varnhagen. Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik“ veröffentlicht wurden. Darin erfasste sie erstmals das jüdische Leben mit einer existenzphilosophischen Sichtweise.
Krisenzeit und Flucht nach Frankreich und Palästina
1933 folgt eine Flucht über Karlsbad und Genf nach Paris, nachdem sie kurzzeitig von der Gestapo inhaftiert war. Der Grund war, dass sie politisch Verfolgten half. In Paris arbeitete sie als Sozialarbeiterin in mehreren jüdischen Organisationen, unter anderem bei der „Jugendaliyah“ und knüpft Freundschaft mit Walter Benjamin. Sie hält sich von 1935-1938 in Palästina auf und ist in verschiedenen Hilfsvereinen tätig, kehrt aber wieder nach Frankreich zurück. Nachdem ihr 1937 offiziell die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt wurde und sie von Günther Stern (später Anders) geschieden wurde, heiratete sie 1940 Heinrich Blücher. Im selben Jahr wird sie auch für mehrere Wochen in dem Internierungslager Gurs in Südfrankreich inhaftiert.
Hannah Arendt über das Jahr 1933
Ausschnitt aus einem Interview mit Günther Gaus 1964 in der Sendung „zur Person“:
Hannah Arendt nimmt in dem Interview Stellung zu dem oft geäußerten Missverständnis, dass die Juden 1933 von Hitlers Machtergreifung schockiert gewesen seien.
„Dass die Nazis unsere Feinde sind, mein Gott, wir brauchten doch bitteschön nicht Hitlers Machtergreifung, um das zu wissen. Das war doch seit mindestens vier Jahren jedem Menschen, der nicht schwachsinnig war völlig evident. […] Das Problem war doch wohl nicht etwa, was unsere Feinde taten, sondern was unsere Freunde taten.“
Visum und der ersehnte Pass für die USA
1941 folgt die Emigration mit ihrem Ehemann Heinrich und ihrer Mutter in die Vereinigten Staaten von Amerika. In dem biografischen Spielfilm „Hannah Arendt. Ihr Denken veränderte die Welt“, spielt die Mutter keine Rolle, obwohl sie mit in der möblierten Zweizimmerwohnung gelebt hat. Dort beschreibt sie in einer Szene als Professorin in einer Vorlesung vor Studenten ihre Vorstellung von Amerika mit dem Wort „Paradies“ und wie glücklich sie war, ein Visum erhalten zu haben. Dort angekommen lebt und arbeitet sie vor allem in New York. Sie begann sofort politische Kolumnen für die Presse zu verfassen und arbeitet u. a. als Lektorin für den jüdischen Schocken Verlag oder für die Conference of Jewish Relations. 1949 wurde sie Geschäftsführerin der „Jewish Cultural Reconstruction“, eine Organisation in dessen Auftrag sie 1949 aus beruflichen Gründen erstmals wieder nach Europa und nach Deutschland reiste, um sich für die Rettung jüdischen Kulturgutes einzusetzen (vor allem für Bücher). 1951 endet nach 18 Jahren, mit dem Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft ihre Zeit der Staatenlosigkeit.
Literarische Spätwerke – The Origins of Totalitarianism
1951 erscheint auch Hannah Arendts meisterhafte politische Totalitarismusanalyse Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, zunächst auf Englisch. Die deutsche Fassung folgt 1955 mit der Einteilung in die Kapitel Antisemitismus, Imperialismus und Totalitarismus. 1953 hält sie die ersten Vorträge an mehreren Universitäten, sowohl in den USA als auch in Europa. Erst 1961/62 ist sie für die Zeitschrift „New Yorker“ mit der Berichterstattung beim Eichmann-Prozess in Jerusalem beschäftigt, worum es auch in der Hannah-Arendt-Verfilmung von Margarethe von Trotta geht. Nach etlichen Lehraufträgen und Stellenangeboten als Professorin in den Vereinigten Staaten stirbt Hannah Arendt als 69-Jährige am 4. Dezember 1975 in ihrer New Yorker Wohnung an den Folgen eines Herzinfarktes.
Weitere Artikel zu Hannah Arendt:
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Studienzeit und die jungen Jahre der Denkerin Hannah Arendt
Angela Glatzel | Kunstwissenschaftlerin | kultur-und-kunstgeschichte.de